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Ein bisschen Spekulation

Wie wir ja schon mal vor einiger Zeit besprochen hatten, lungert ein riesiges Hochdruck-System über Eurasien. Es geht mit seinen westlichsten Ausläufern bei uns los und endet auf der anderen Seite der Welt, am Pazifik. Unter diesem Hoch hat sich ein großer Kaltluftpol gebildet. Die kältesten Gebiete reichen von Grönland über den Nordpol bis nach Sibirien. Die Gebiete zwischen dem Ostsibirischen Bergland und dem Mittelsibirischen Bergland sind mit extrem kalter Luft angereichert. Sie stützen das Hoch. Die Kälte fließt, dem Wasser ähnlich, ins Westsibirische Tiefland bis zum Ural und herrscht hier mit tiefen Minustemperaturen. An sich ist das völlig normal.

Der Kern der Eisluft, im Osten Sibiriens, ist allerdings überdurchschnittlich kalt, während weite Teile Alaskas und Kanadas zu mild sind. Wir sprechen jetzt von den Luftmassentemperaturen in 1500 Meter Höhe von Ende November.

Soweit das als Einleitung. Das Beschriebene herrscht also in Bodennähe. Nun haben es verschiedene Stockwerke. Es gibt das Wetter am Boden, das Wetter und die Temperatur in 1500 Meter Höhe (Luftmassen), in 3000 Meter Höhe (hier spielt die Feuchtigkeit = Wolken & Niederschlag eine große Rolle), in etwas über 5 Kilometer Höhe, usw. usf.
Sind diese Stockwerke alle „in einer Linie“, also von Tief- und Hochdruck her ähnlich geartet, dann ist das eine stabile Wetterlage. Geht es dort zu wie Kraut und Rüben, dann ist die Wetterlage labil. Derzeit haben wir es mit einer stabilen Wetterlage zu tun – auch noch in ca. zwei Wochen.

Aus diesen Strukturen an sich könnten wir ableiten, dass es durchaus kalt werden kann, wenn sich die Kälte über den Ural nach Westen begibt und mit Hilfe des riesigen Hochs bodennah nach Westen fließt. So begannen in früherer Zeit übrigens die richtig strengen Winter. Liegt der größte Kaltluft-Knubbel hingegen zwischen Ostsibirien und Kanada und liegt über Eurasien eher tiefer Druck, sind das Voraussetzungen für einen eher milden Winter.

Milchmädchen-haft zusammen gerechnet können wir hier schon mal festhalten: Die Voraussetzungen der Großwetterlage für einen auf Dauer eher nicht so milden Winter – um mich mal ganz vorsichtig auszudrücken – sind hoch.

Und nun blicken wir auf die Karten aus über 30 Kilometer Höhe und verlassen damit mal die Druckgebilde am Boden. Das, was da in den hohen Höhen rumwuselt, ist der Polarwirbel. Dieser kann, muss aber nicht, der Taktgeber „vom Penthouse des Wetterhochhauses“ sein und die Stockwerke unten drunter machen das nach. Bis das im Erdgeschoss (am Boden, bei uns) ankommt, kann das zwei bis drei Wochen dauern. Ende November plus 15 bis 20 Tage = kurz vor Weihnachten.

Links auf der Grafik sehen wir das Hoch und das Tief in rund 36 Kilometer Höhe, rechts die Temperatur in diesen Höhen mit dem Tiefkern. Und nun schmeißen wir den Spekulations-Modus mal volles Rohr an:

Ähnlich wie am Boden sind auch in den hohen Höhen der nordamerikanische Kontinent rund um Alaska und Westkanada warm, d. h. die Voraussetzungen für ein starkes und nachhaltiges Tief sind hier nicht gegeben, eher Hochdruck. Der sich drehende Polarwirbel (rechts) liegt zwischen Spitzbergen und Nordwestrussland (Barentssee). Links läge das Tief bei Nordsibirien – also auf die Nordhemisphäre bezogen gar nicht so weit weg.

Jetzt kann zweierlei passieren – das habe ich mit den Pfeilen eingezeichnet:
Variante 1 (mild) = Die Kaltluft in der Nordhemisphäre kommt ziemlich weit über den Nordpol voran und fließt westlich von Grönland auf den Atlantik und facht hier ein riesiges Islandtief an. Damit kämen wir im Laufe des Dezembers in einer satte Westströmung, die uns einen wechselhaften Witterungsabschnitt bringen würde. Zwar würden immer wieder heftige Polarluftvorstöße Winter bis ins Flachland bringen, aber nur kurz.
Variante 2 (kalt) = Die Kaltluft fließt aus direktem Wege von Norden zu uns und leitet eine nass-kalte bis kalte Winterlage ein, die mit kurzen milden Phasen unterbrochen wird, in der Regel aber winterlichen Charakter hat.

Diese beiden Varianten leiten wir, das möchte ich noch mal betonen, aus dem „Penthouse“ ab. Sollte sich der Polarwirbel mit seinen Strukturen nicht nach unten durchsetzen können, ist das nicht aufgehoben, sondern aufgeschoben. Die Wintersaison ist auf der Nordhalbkugel ja gerade erst einmal in der Entstehungs- und Findungsphase. Sollte die Luftmassenverteilung in ca. einem Monat immer noch so ähnlich aussehen, dürfen wir uns auf einen Winter freuen, der phasenweise seinen Namen verdient hat. Sollte jedoch der Kaltluftpol gen Nordamerika wandern, werden im wahrsten Sinne des Wortes die Karten neu gemischt…

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